Die Entwicklung des Centurion Panzers

Die britische Auffassung von Panzerkriegsführung, entwickelt im Zweiten Weltkrieg in der harten Schule der nordafrikanischen Wüste, vertrat die Meinung, dass die Panzerstreitkräfte beider Gegner früher oder später aufeinandertreffen und die Schlacht entscheiden. Die Briten legten daher mehr Wert auf die Fähigkeit, dem gegnerischen Feuer durch Panzerung und Feuerkraft zu widerstehen, als eine hohe Geschwindigkeit zu haben. Beeinflusst durch die Erfahrungen in den Wüstenkämpfen (1941/42) wurde vom Kriegsministerium ein Kampfpanzer gefordert, der sowohl Panzerabwehr- wie Sprengmunition verschiessen konnte. Weiter wurde ein Universal-Panzerfahrgestell gefordert, das weitere Entwicklungsmöglichkeiten bot, um einigermassen eine Einheitlichkeit zu erreichen. In der gleichen Zeit wurden die Gewichts- und Abmessungsbeschränkungen (nicht so 10 Jahre später beim Pz 61/68) vom Kriegsministerium fallengelassen. Aus diesen Gründen war es möglich, die ersten Entwicklungen des Centurion (A41) auf der neuen Grundlage aufzubauen.

Ein Modell war bis Mitte Mai 1944 fertig und mit einem veränderten Horstmann- Laufwerk (Anstelle der üblichen Christie- Laufwerke) versehen. Die Wanne wurde in einer bootartigen Form hergestellt, die den Schutz gegen Panzerminen erhöhte. Als Antrieb wählte man den bewährten Meteor- Motor, zusammen mit einem Hilfsmotor Morris 8 PS. Die meisten Fahrzeuge wurden mit einem Getriebegehäuse von Merrit-Brown ausgerüstet. Die ersten sechs Centurion I wurden im Mai 1945 geliefert und nach Deutschland transportiert, damit sie unter Gefechtsbedingungen bei der 22. Pz Br erprobt werden konnten. Doch zu dieser Zeit war der Krieg längst entschieden. Im Januar 1945 wurde bereits ein stärker gepanzerter Centurion II (A41A) als Prototyp zusammengestellt. Dieser Prototyp war wieder mit einer 76,2-mm-Kanone bestückt und mit einem neuen gegossenen Turm ausgerüstet. Der Centurion I ging nie in Serienproduktion.

Insgesamt wurden über 20 Versionen dieses Panzers gebaut. Doch erst die Mark III Version kam im Koreakrieg im Januar 1951 zum Einsatz. Zur Erhöhung der Treffsicherheit während der Fahrt mit der 83,4- mm-Kanone wurden ab dem Centurion III Stabilisatoren eingeführt. Durch elektrischen Antrieb sowohl des Seiten- wie auch des Höhenrichtmechanismus konnte die Zeit für das Anrichten eines Zieles beträchtlich verringert werden. Die Baureihe wurde bis zum Centurion Mark XI weiterentwickelt.

Der Kampfpanzer Challenger ist eine Weiterentwicklung der Reihe Centurion-Chieftain-Challenger.

Der Centurion in der Schweizer Armee

Am 15. Oktober 1946 beschloss der Bundesrat, dem Kauf von 100 Panzerjägern G 13 zuzustimmen. Weitere 50 wurden ein Jahr später bewilligt. Ein grosser Teil der zweiten Serie bestellter G 13 wurde durch die Russen, neue Besatzungsmacht in der Tschechoslowakei, blockiert. Die Panzerjäger wurden schliesslich nach ausgedehnten Bemühungen des Departementes des Äusseren geliefert, die Auslieferung der Ersatzteile liess weiterhin auf sich warten! Es zeigte sich aber bald, dass der G 13 wohl die Panzerabwehr verstärkte, jedoch viele Nachteile gegenüber einem Panzer mit Turm aufwies. Der Kauf des Leichtpanzers 51 (AMX 13) war eher eine Notlösung, sah sich die K + W Thun gezwungen, in drei Normalisierungen aus der Nullserie eine kriegstaugliche Waffe zu machen. Durch den ausgebrochenen Koreakrieg entstand bei den Grossmächten wenig Bereitschaft, einem Kleinstaat Kampfpanzer zu liefern, zumal die eigenen Lieferschwierigkeiten gelöst werden mussten. Trotzdem war die britische Regierung im Sommer 1950 bereit, der Schweiz 26 Centurion zu liefern, zog dieses Angebot jedoch wieder zurück. Erst 1952, als sich die internationale Lage leicht gebessert hatte, wurde es möglich, Kampfpanzer aus den USA und Grossbritannien zu evaluieren. Zwei Kampfpanzer M-47 Patton für je eine Million Franken wurden beschafft. England stellte unserer Armee zwei Centurion leihweise zur Verfügung. Diese vier Panzer wurden nun «einem ausgedehnten Test- verfahren unterworfen. Der Centurion hatte einige Vorteile wie das konventionelle 5-Gangschaltgetriebe, das seine Überlegenheit auch im Gelände und an Hindernissen zeigte, oder das 8,4-cm-Geschütz, zu dem bereits eine Art Kerngeschosse erhältlich war. Die Bundesversammlung beschloss am 29. Oktober 1954, dem Antrag des Bundesrates zum Panzerkauf zuzustimmen. Im Frühling 1955 wurden die ersten Centurion MK III von der Firma Vickers-Armstrong Ltd in Newcastle upon Tyne geliefert. Bereits in der Sommer RS 1955 wurde auf dem Panzer 55 ausgebildet, nachdem einige Schweizer Modifikationen vorgenommen wurden. Im Herbst 1956 liessen die Suezkrise und der Aufstand in Ungarn die Welt aufhorchen. Unter diesen Umständen passierte der Antrag des Bundesrates auf Anschaffung weiterer 100 Centurion im Rüstungsprogramm 1957 ohne grosse Diskussion. Auch diese Panzer wurden von Vickers gebaut. Es handelte sich aber um die modifizierte Version Centurion MKVII, die die Bezeichnung Pz 57 erhielt. Gegenüber dem Panzer 55 wiesen sie einige wichtige Details auf: vergrösserter Treibstofftank von 1100 L statt 540 L. Der Boden des Kampfraumes dreht mit dem Turm. Nachteilig wirkte sich jedoch das neue Hauptgewindesystem aus, was die Austauschbarkeit mit Teilen des Pz 55 stark behinderte. Die Panzer 57 sind in den Jahren 1958 bis 1960 an die Schweiz ausgeliefert worden.

Im Herbst 1959 offerierte die Regierung Südafrikas dem EMD 100 Panzer Centurion MK V zu stark reduzierten Preisen. Die angebotenen Panzer waren praktisch neuwertig und durch die Truppen der südafrikanischen Union nicht eingesetzt worden. Lediglich zur Vermeidung von Stillstandschäden wurden die Fahrzeuge periodisch bewegt (mittlere Fahrleistung: 500 km), mit vier Fünfteln der Geschützrohre wurde keine Munition, mit dem Rest im Durchschnitt 50 Schuss verschossen. Die Kampffahrzeuge waren innen durch Staub und Sand verschmutzt und die Aggregate dejustiert. Das Reservematerial war immer noch in der gelieferten Originalverpackung.. Aus dem angebotenen Material konnte mit Sicherheit das Material für 100 Panzer ausgesucht und zusammengestellt. werden. Auf 373 000 Franken wurde der Kauf samt den nötigen Revisionsarbeiten geschätzt. In dieser Zeit wurden von der eidgenössischen Konstruktionswerkstätten in Thun (K+W Thun) bereits Pz 58 im Prototypenstadium getestet. Dadurch wurde über das Geschäft mit Südafrika diskutiert.

Die Bundesversammlung beschloss dennoch am 19. Juli 1960, dem Kauf der Centurion zuzustimmen. Am 27. Dezember 1960 wurden die ersten Centurion MK V in Durban verladen. In Grossbritannien wurde der Centurion Mark X gefertigt. Dies war ein zusätzlicher Grund (Originalersatzteile) , die in der K + W eingetroffenen Panzer nicht nur dem «Normal-Helvetisierungsprogramm zu unterziehen (Einbau von Mg 51, Funkgerät SE-407, Nebelwerfer, Anpassung der Richtoptik an die Schweizer Munition und der Fahrzeugbeleuchtung an die schweizerischen Verkehrsgesetze) , sondern durch die Revisionen I und II (Rev I und Rev II) auch an die neuste englische Modifikation anzupassen. In der Rev I wurden alle Pz 57 und in der Rev II alle Pz 55 auf die 10,5-cm-Pz-Kan 60 umgerüstet und die Stabilisatoranlage revidiert. Auch das gesamte elektrische Bordnetz wurde erneuert, um den Erfordernissen der Rev-Programme zu genügen (zusätzlicher Einbau von Feuerwarnanlage, Blendschutz, Leckwasserpumpe, Kühlwasserniveauüberwachung, Beleuchtungssystem 74 Lyran) und Schwierigkeiten bei der Beschaffung von original

Einsatzdoktrin

Gemäss der damals geltenden Doktrin (TF82) , ist die Abwehr eine gemischte Gefechtsform, bestehend aus Verteidigung und Angriff. Unsere Abwehr stützte sich auf die auf das Infanteriegelände abgestützte Verteidigung von Schlüsselräumen sowie den angriffsweisen Einsatz von Gegenschlagsverbänden. Gegen einen durchgebrochenen, oder luftgelandeten Gegner mussten eigene Panzerverbände bereitgestellt werden, die in der Lage sein mussten, den Kampf so rasch als möglich aus der Bewegung aufnehmen zu können. Diese Verbände der Panzerbekämpfung bildeten die Panzerregimenter der Armeekorps in den mechanisierten Divisionen und die Panzerbataillone der Feldivisionen.

Der grosse Bestand der Centurion erlaubte ab 1962 die Aufstellung von Panzerregimentern in den Mech Div. Mit dem vermehrten Zufliessen von Panzer 61 und Panzer 68 wurden die Centurion in die Panzerbataillone der Feldarmeekorps umgeteilt und wurden dort bis ca. 1990 im Pz Bat Typ C eingesetzt. Dieses Pz Bat diente in erster Linie der beweglichen Panzerabwehr in den Einsatzräumen der Infanterieregimenter. In der Regel wurde das Bataillon kompanieweise den Inf Rgt unterstellt.

Die entscheidenden Kampfgrundsätze:

  • Freiheit des Handelns
  • Überraschung und die
  • Möglichkeit, das Schwergewicht des Pzaw-Feuers im Verlauf des Gefechts verlegen zu können,

erlaubten die Hauptaufgabe, das Vernichten feindlicher Panzer, zu erfüllen. Der Kampf wurde in Form von Feuerüberfällen, Angriffen aus dem Hinterhalt über kurze Einsatzdistanzen und durch raschen Bezug von Sperren geführt. Die Pz Kp durfte dabei die Bewegungs- und Handlungsfreiheit nicht durch statische Eingliederung in Stützpunkte der Infanterie verlieren. Die Infanterie hatte den Nahschutz der Pz KP zu stellen, da das Pz Bat Typ C über keine Pz Gren und Pz Mw verfügte Die Hauptmerkmale der Centurion Kp . waren hohe Feuerkraft und die starke Panzerung der Kampffahrzeuge.

Die Einführung des Panzer 87 ermöglichte Anpassungen (Reduktion der Panzertypen, um Kosten und Aufwand für Unterhalt, Ausbildung und logistische Infrastruktur zu reduzieren). Die Devise unserer Armee hat aber immer zu lauten: «Nicht so gut als möglich, sondern so gut wie nötig!» – weil wir über zu wenig Geldmittel verfügen und den nötigen Zeitfaktor nie erreichen, um «so gut als möglich» gerüstet zu sein. Trotz allem, der Panzer 55/57 Centurion hat sich bewährt und war eine der erfolgreichsten Rüstungsbeschaffungen.

Spezialpanzer

Brücken-und Entpannungspanzer Centurion

Um den Schwung von Panzeraktionen über Gräben und sonstige Hindernisse zu gewährleisten, ist eine Brücke notwendig, die unter Panzerschutz schnell und sicher verlegt werden kann. Nachdem eine Schweizerdelegation aus Vertretern des Gst,Versuchsstab MLT und KTA (jetzt GRD) in Chobham, England, den englischen Centurion Bridgelayer MKV besichtigt hatte, wurde am 30.6.1960 der Antrag zur Beschaffung eines Versuchsmusters gestellt. Anfang 1961 wurde ein Pz55 aus Südafrika direkt nach England zum Umbau spediert. Der Brückenpanzer (Brü Pz) traf im Juni 1963 in der Schweiz ein. Der Einbau der Funkstation SE-407 und die üblichen Anpassungen erfolgten wiederum in der K+W Thun. Die Basis des Brü Pz bildet ein analoges Chassis wie für den entsprechenden Kampfpanzer. Im ehemaligen Kampfraum wurde neu die hydraulische Einheit mit dem dazugehörenden Motor eingebaut. Der Ablegemechanismus ist auf der Frontplatte befestigt.

1964 besichtigte eine Delegation bei der Königlichen Niederländischen Armee eine Brü Pz Centurion mit USA Faltbrücke. Ab 1963 wurden Versuche mit zwei Brü Pz Centurion durchgeführt. Nach diesen Ergebnissen sind die Anforderungen und das Pflichtenheft für eine schweizerische Lösung erarbeitet worden, welche dann zur Entwicklung des Brückenpanzers 68 führten (Fahrgestell Pz 68). Der Centurion Brückenpanzer kann im Panzermuseum in Thun besichtigt werden.

Der Entpannungspanzer hat die Aufgabe, als fahrende Werkstatt, die Panzerfahrzeuge der Panzerformationen zu entpannen und abzuschleppen. Es wurden gegen 30 Entpannungspanzer (1956 und zusätzlich 1960 weitere 10 Stück) in die Schweiz eingeführt, die die Bezeichnung Entp Pz 56 erhielten. Die Entp Pz 56 sind aus Pz 55 und Pz 57 entstanden. Auch diese Panzer wurden verschiedenen Revisionen unterzogen. Sie sind mit dem PzMg 51/71 und mit 24 8,O-cm- Nebelwerfern 51 ausgerüstet. 

Centurion Retrofit-Programm

Der rasche Fortschritt der Waffentechnik zwingt häufig zur Modernisierung (Kampfwertsteigerung) von eingesetzten Waffen und Geräten, um diese während ihrer ganzen technischen Nutzungsdauer verwenden zu können. In Operation Research-Untersuchungen und Gefechtsfeldsimulationen wurde nachgewiesen, dass die überwiegende Mehrzahl von Feuerduellen von dem zuerst schiessenden System gewonnen wird; dies ist der Fall, wenn aus vorbereiteten Verteidigungsstellungen gekämpft wird.

Auch der Einsatz eines kampfwertgesteigerten Centurion wäre nur dann sinnvoll gewesen, wenn er ebenfalls als bewegliche Panzerabwehr eingesetzt worden wäre. Dabei gilt zu beachten, dass die Unterhaltskosten alter Kampfpanzer im Vergleich zu den Beschaffungskosten neuer Kampfpanzer das Doppelte bis Dreifache betragen.

Von 1973 bis 1977 wurden in der Schweiz zwei von der Firma Vickers modifizierte Centurion-Panzer (Diesel powerpack Detroit 12V71T,720 bhp/Tn 12, semi-automatic transmission) erprobt. Aufgrund verschiedener technischer Mängel wurde 1977 dieses Programm nicht weiter verfolgt.

Im Januar 1982 besuchte der stellvertretende Direktor des Bundesamtes für Rüstungsbeschaffung die israelische Waffenfabrik IMI (Israel Military Industry) in Tel Aviv. Den Israelis war es gelungen, dem Jom-Kippur-Krieg u.a. mit den modernisierten Centurion eine entscheidende Wende zu geben. Im März 1983 trafen zwei israelische Centurion-Panzer in der Schweiz ein und wurden von der Truppe getestet. Die K + W Thun sollte bei einem positiven Ergebnis als Generalunternehmer bestimmt werden. Der Israelische Retrofit-Centurion wies gegenüber dem Panzer 55/57 folgende Änderungenauf: Dieselmotor der US- Firma Teledyne Continental 750 bhp AVDS 1790-2AC (der Aktionsradius wurde vergrössert, und Dieselöl ist nicht so leicht entzündbar wie Benzin), ein neues automatisches Lenkgertriebe erleichterte das Schiessen aus der Fahrt, neue Richtmittel verbesserten Zielgenauigkeit und Schussschnelligkeit durch ein Laser-Distanzmessgerät (Belgian SABCA Laser Tank Fire Control System, das M60A3/Leopard- Komponenten verwendet) und ein neues Feuerleitsystem (Delco/Cadillac Gage Weapon/Turret Control and Stabilisation System, Anwärmzeit unter 30 s). Weitere Interessenten für das Retrofit-Programm waren Schweden, Nigeria und Indien. Die Erprobung in der Schweiz zeigte noch einige Mängel auf (z.B. Dauerfahrten von einer Stunde Dauer mit Durchschnittsgeschwindigkeit von 45 km/h), Und Testberichte kamen fahrzeugseitig zu den Schlussfolgerungen: Die Höchstgeschwindigkeit (48 km/h) ist eher zu hoch. Die Dosierung der Bremse lässt zu wünschen übrig. Betreffs Federungskomfort, Abstimmung von Federung und Dämpfung, werden Werte erreicht. die selbst von modernsten Panzern kaum oder nur knapp überboten werden. Thermische Probleme so wie Defekte waren während der ganzen Werkserprobung keine aufgetreten, das Fahrzeug hinterliess einen zuverlässigen Eindruck.

Im Dezember 1983 wurden die Vorarbeiten für ein allfälliges Retrofit- Programm am Kampfpanzer Centurion eingestellt. Wie das EMD mitteilte, erfolgte dieser Entscheid vor allem aus finanziellen Gründen im Hinblick auf die Einführung des neuen Kampfpanzers Leopard II (Pz87). In einer geplanten Revision III am Centurion ging es nur noch um eine notwendige Kampfwerterhaltung (original englische Ersatzteile wurden teilweise nicht mehr hergestellt). Zur Kampfwertsteigerung konnte aber sicher auch die Einführung der israelischen Pfeilmunition gezählt werden.